Udo Stolte kam vor wenigen Tagen aus Afghanistan zurück. Er berichtet:

„Shelter Now hat drei Standorte im Land: Kabul, Faizabad und Herat, ich konnte alle drei besuchen. Zuerst Faizabad: Es ist immer spannend, oft kann man nicht über Land fahren, weil die Sicherheitslage es nicht zulässt. Aber dieses Mal war es möglich. Mit unserem Teamleiter Corey und zwei einheimischen Mitarbeitern fuhren wir zu zwei entfernt liegenden Dörfern. Die Fahrt ging über hals- und knochenbrecherische „Straßen“ – eher Pisten, mitunter nur Flussbetten – knapp entlang an Schluchten durch atemberaubende Landschaften.

Diese Landschaften, die freundlichen Menschen in den Dörfern, die Gastfreundschaft, die Dankbarkeit für erfolgreich beendete Projekte – ich habe mich wieder neu in Afghanistan verliebt.

Bei aller Armut, allem Chaos, allen Gefahren, es gibt eine Schönheit, die einen in ihren Bann zieht. Im Englischen haben wir für dieses Phänomen einen Begriff: das „SARS-Virus“. Hierbei handelt es sich nicht um das gefährliche Virus, das vor Jahren grassierte, sondern um ein anderes: das „Severe Afghanistan Return Syndrom“. Die meisten, die dieses Land einmal besucht haben, wurden damit infiziert, es zieht sie immer wieder dorthin zurück.

Insgesamt 13 Projekte konnte ich auf dieser Reise besichtigen: Trinkwasser-, Landwirtschafts-, Bildungs- und Ausbildungsprojekte und mehr. Den stärksten Eindruck hat unsere Zahnklinik in Herat bei mir hinterlassen. Junge Studierende – männliche und weibliche – erhalten hier ihre praktische Ausbildung. Dabei arbeitet die Klinik eng mit der Universität zusammen. Der dortige Fakultätsleiter sagte mir, dass bereits drei Minister der afghanischen Regierung unsere Klinik besucht haben und tief beeindruckt waren. Ihrer Meinung nach sei es die beste ihrer Art im ganzen Land.

Über die vielen anderen Projekte kann ich hier nicht berichten, nur noch über eine Erfahrung, die ich sehr verstörend fand: Tausende Binnenflüchtlinge strömen aus den Nachbarprovinzen nach Herat. Die extreme Dürre dieses Jahres hat sie von ihrem heimischen Boden vertrieben. Inzwischen weit über 20.000 Familien! Gemeinsam mit dem Welternährungsprogramm der Uno verteilen unsere Mitarbeiter Geld, damit sie sich das Nötigste zum Leben in der Stadt beschaffen können. Aber was, wenn jetzt der Winter kommt?

Hier zerbricht das schöne Bild Afghanistans.“

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